Mein cooler Caravan
Bei dem grauen Schmuddelwetter draußen habe ich es mir auf dem Sofa gemütlich gemacht und komme endlich mal wieder dazu, in einem meiner Geburtstagsgeschenke zu blättern. Das bringt mich sofort zum Träumen von Bulli-Reisen, kuscheligen Abenden im Camper, Zeit und Weite…
Vor uns liegen noch ein paar Monate Winter, und die können ganz schön lang werden. Die Vorfreude auf den Frühling und die kommenden Ausflüge und Reisen mit dem Bulli ist jetzt schon riesig. Die Zwischenzeit kann ich mir unter anderem mit dem Buch “Mein cooler Caravan” vertreiben.
Mein cooler Caravan? Was? Ein Buch über Caravans? Wohnwagen?
Ja… Nein. Eigentlich nicht. Eigentlich geht es um Campingbusse. Aber dazu später mehr.
Schöne Bilder
Wie es sich für einen Bildband gehört, enthält das Buch viele schöne Bilder, die Lust darauf machen, endlich wieder loszufahren.
Bilder von schönen alten Campern, natürlich sind T1, T2 und T3 mit dabei, aber auch verschiedene Varianten des Bedford Dormobile, ausgebaute Fiat 238 und Toyota HiAce. Natürlich merkt man der Auswahl deutlich an, dass die Bilder in Großbritannien entstanden sind. Manche der Fahrzeuge sind einfach very british und tauchen außerhalb der Insel kaum auf, was an sich schon ganz spannend ist. Andere sind einfach nur kurios. Wie der “Ginetta Car Camper”, ein Einzelstück auf Basis eines Ford Zodiac oder ein Citroën Acadiane Nomad oder “Inga”, ein Eigenbau auf Basis eines Austin Loadstar-LKW mit einer großzügigen Küche mit gaaanz viel 60er-Jahre-Charme.
30 Camper werden insgesamt vorgestellt, und ich könnte mich wirklich nicht entscheiden, welcher der coolste ist…
Hach, was es nicht alles gibt…
Und dann die Innenraum-Fotos. Liebevoll eingerichtet und dekoriert, viel retro, viele spannende Details. Jede Menge Inspiration für kleinere und größere Verschönerungen an und in Dröppel.
Da gibt es kreuz und quer durch Jahrzehnte und Stile so einiges zu sehen. Viel dunkles Holz und Karomuster in allen Farben des Regenbogens. Blumenvasen und Traumfänger. Schnickschnack und Deko im jeweils passenden Stil.
Aber natürlich auch interessante Lösungen zur Aufbewahrung von Dingen. Das ist eigentlich weniger Thema des Buches, aber die Einblicke in die Fahrzeuge zeigen eben auch die unterschiedlichsten Einrichtungsvarianten und Unterbringungsmöglichkeiten.
Schöne Geschichten
Neben den schönen Bildern bietet das Buch auch kleine Texte über die Fahrzeuge und ihre Besitzer.
Da erfährt man, wie Ian eigentlich nur einen Anhänger für seinen PKW suchte und mit einem Bedford CF-Camper samt Anhänger zurückkam. Oder dass der Vorbesitzer von Pauls Campingbus ihn meistens genutzt hat, um auf Rastplätzen Tee zu kochen und in Ruhe die Zeitung zu lesen und nur selten darin geschlafen hat. Warum James’ Camper ein bißchen an eine Yacht erinnert. Und wie viele Vorbesitzer sich wirklich schwer damit taten, ihre Schätze abzugeben. Wie die Fahrzeuge zu ihren Spitznamen kamen.
Und natürlich geht es auch um die Ausstattung und den Einrichtungsstil der Busse. Die Autorin Jane Field-Lewis ist Designerin unf bringt auf den Punkt, was den besonderen Charme der Fahrzeuge ausmacht.
Schöne Reise
5500 Kilometer legten Jane Field-Lewis und Chris Haddon zurück, um gemeinsam mit der Fotografin Tina Hillier Informationen und Bilder für das Buch zusammenzutragen. Kennengelernt haben sie dabei “herrliche Wohnmobile, unvergessliche Orte und Menschen[…], die uns bereitwillig von ihren Erlebnissen erzählten” (Vorwort von Jane Field-Lewis) – und sie hatten Spaß auf ihrer Camping-Tour, was sicher dazu beigetragen hat, dass das Buch so viel Spaß macht.
Kleiner Schwachpunkt: Die Übersetzung
Leider habe ich dann doch ein kleines bisschen was zu meckern an dem Buch. Eine Schwachstelle des Buches ist leider die Übersetzung aus dem Englischen. Sie ist nicht direkt schlecht, aber sie irritiert mich an vielen Stellen, was schade ist, denn eigentlich finde ich die kleinen Geschichten über Campingbusse und ihre Besitzer sehr schön zu lesen.
Besonders ärgerlich finde ich, dass das bereits beim Titel beginnt. “Mein cooler Caravan”. Was ist ein Caravan? 100% der Befragten in meiner kleinen, nicht repräsentativen Umfrage antworteten ohne zu zögern “Ein Wohnwagen.”. Richtiger und kein bißchen weniger schön wäre doch “Mein cooler Campervan” oder “Mein cooler Campingbus” gewesen. Zumal der Originaltitel “My cool campervan” lautet. Um die Verwirrung perfekt zu machen, gibt es noch ein Buch der gleichen Autoren, dass sich mit Wohnwagen, also Caravans beschäftigt und auf deutsch “Mein wunderbarer Wohnwagen” heißt – im Original “My cool caravan“. Alles klar?
Weiter geht es mit den Bezeichnungen der Fahrzeuge. Besonders ist mir das natürlich bei allen Bullis aufgefallen. Anstatt, wie in Deutschland gebräuchlich, von T1, T2 und T3 zu sprechen und dann Modell-Variante und/oder Ausbau anzuhängen, tummeln sich hier “VW T25”, “VW Hochdach”, “Caravelle Club” und “VW Westfalia”. Über die inkonsequenten Bezeichnungen kann ich ja hinwegsehen, aber T25? Da hätte ich mir wirklich ein bisschen Recherche von der Übersetzerin gewünscht.
Es geht hier auch um viele Kleinigkeiten, an denen ich beim Lesen einfach hängenbleibe. Ich bin da aber vielleicht auch etwas kleinlich. Aber gut, ich bin für die vielen schönen Dinge, die das Buch in die Waagschale wirft, gerne bereit, darüber hinwegzusehen, nachdem ich das jetzt einmal losgeworden bin.
Tolle Bilder, tolle Geschichten – tolles Geschenk
Auch wenn die Übersetzung mich hin und wieder irritiert, die schönen Bilder und Geschichten wiegen das bei weitem wieder auf.
Ein Buch, mit dem ich schon einige schöne Stunden verbracht habe und sicher auch noch verbringen werde.
Ein Blick über den (Bulli-)Tellerrand, der wirklich Spaß macht und meinen Campervan-Horizont erweitert hat.
Tolle Bilder, tolle Geschichten – tolles Geschenk.
Das Buch
“Mein cooler Caravan mobil – retro – kultig”
von Jane Field-Lewis, Chris Haddon und Tina Hillier (Fotos)
erschienen im Knesebeck Verlag
166 Seiten mit 287 farbigen Abbildungen
19,95 Euro