Was stimmt bloß nicht mit dieser Stadt?
Nein, ich meine in diesem Fall nicht Dresden (obwohl auch diese Frage noch unbeantwortet ist). Ich meine Werne an der Lippe.
Heute war einer der seltenen Tage, an denen Björn und ich gemeinsam frei haben und nichts weiter ansteht. Die perfekte Gelegenheit für einen kleinen Ausflug mit Dröppel. Und, ach ja, Weihnachtsgeschenke… die müssen ja auch irgendwann mal gekauft werden. In Werne ist verkaufsoffener Sonntag, das lässt sich doch prima kombinieren.
Erstmal stehen allerdings Dröppels Bedürfnisse im Vordergrund. Einen Schluck Öl kann er mal wieder vertragen, eine Portion günstigen Diesel spendieren wir ihm auch. Alles andere ist so wie es sein sollte. Oder zumindest wie gewohnt. Kann also losgehen.
Ich war noch nie in Werne, obwohl die Stadt nur etwa 20 Kilometer entfernt ist. Björn war schonmal beruflich hier. Fand die Innenstadt ganz hübsch.
Sonst fallen uns zu Werne vor allem zwei Dinge ein: Amazon-Standort (pfui!) und das dreiste Lohndumping des Bürgermeisters im Solebad. Letzteres kurz erklärt: Das Solebad wurde von einer 100%igen Tochtergesellschaft der Stadt Werne betrieben, die sich aber weigerte, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Tarif zu bezahlen, stattdessen lieber prekäre Arbeitsverhältnisse schuf und den Betrieb letztlich lieber in die Insolvenz gehen ließ, als mit der Gewerkschaft ver.di auch nur zu verhandeln. Nachzulesen hier.
Aber auch in Werne muss es ja normale Menschen geben. Ich bin entspannt und gut gelaunt, als wir ankommen.
Wir parken direkt am Solebad (geschlossen) und bummeln in die Innenstadt. Wirklich hübsch, alte Häuser, verwinkelte Gassen. In einem Second Hand-Laden kaufen wir bei ein paar netten, gesprächigen älteren Damen ein paar tolle Eierbecher.
Wir schlendern über den Weihnachtsmarkt an der Kirche St. Christophorus, bewundern das Steinhaus, das seit über 600 Jahren dort steht und mittlerweile die Stadtbücherei beherbergt und genießen es, einfach mal Zeit zu haben.
So weit, so gut.
Irgendwann brauchen wir Kaffee. Wir setzen uns ins Auszeit im Hotel Baumhove am Markt. Hübsch, guter Kaffee (bio und fair gehandelt) und leckerer Apfelstrudel. Aber, aber… die Kellnerin bringt uns schnell dazu, zu diskutieren, unter welchen Umständen man explizit kein Trinkgeld gibt. Wir arbeiten ja beide selbst im Dienstleistungsbereich und wissen, dass es nicht immer einfach ist, freundlich und gutgelaunt zu sein. Aber selbst, wenn man einen schlechten Tag hat, muss man weder schlechte Stimmung verbreiten, indem man sich ständig lautstark über den Dienstplan beklagt, sobald eine Kollegin in Sichtweite ist, noch muss man den Gästen den Kaffee auf der gegenüberliegenden Seite auf den Tisch knallen, statt ihn am Platz zu servieren oder Teller einfach nur kommetarlos hinhalten. Dafür ist der Laden auch zu teuer. Ich erwarte ja keinen Service wie im Sterne-Restaurant, aber… Trinkgeld ist für mich ein kleines Dankeschön für guten Service. “Danke, dass du dich um mich gekümmert hast.”. Nachdem Teller und Tassen leer sind, brechen wir dann auch ziemlich schnell auf, die Stimmung zieht uns nur runter.
Anschließend bummeln wir nochmal über den süßen kleinen Weihnachtsmarkt, wo ich mich an einem Stand umsehe, bis ich von einer Verkäuferin angeschnauzt werde, ich solle bitte aufpassen. Was ist denn jetzt los? Haben hier alle unter 60 schlecht geschlafen?
Wir sind viel zu entspannt, um uns die Laune verderben zu lassen, aber wir machen uns wieder auf zu Dröppel, der am Solebad auf uns wartet.
Bloß schnell weg aus diesem hübschen Städtchen mit den schlechtgelaunten Menschen.