Donnerstag, 8. Juli 2016 Malente – Lachendorf – Otze
Wild zum Frühstück
Der erste Morgen in Deutschland präsentiert sich sommerlich. Die Sonne strahlt vom Himmel und animiert meinen liebsten Mitreisenden zu einem kleinen Spaziergang. Im nahegelegenen Wildpark schauen die Hirsche bereits vorsichtig hinter den Bäumen her, wühlen die Wildschweine schon fleißig im Matsch, hofft das Damwild schon auf ein leckeres Mitbringsel der frühen Spaziergänger.
Der Versuch, belegte Brötchen zum Frühstück zu besorgen, ist allerdings zum Scheitern verurteilt. In einer Metzgerei bietet man ihm Mettwurst als Frühstücksalternative an. Wohlwissend, dass das bei mir keine Begeisterungsstürme auslösen wird, wirklich so gar keine, sucht er weiter. Unterwegs legt Björn noch einen kleinen Umweg von 1,5 Kilometern ein, als er den Wegweisern zu einer öffentlichen Toilette folgt, die sich als Freibad herausstellt, das “aus gesundheitlichen Gründen” geschlossen ist.
Währenddessen im Bulli
Die Sonne piekst mich durch einen winzigen Spalt zwischen den Vorhängen ins Auge. Mein Kopf droht zu explodieren und mein Magen ist schon putzmunter. Was zum Teufel war in diesen Cocktails? Ich hatte einen mehr als Björn – großer Fehler! Ich versuche verzweifelt, wieder einzuschlafen, als sich die Schiebetür unter Verursachung höllischen Radaus öffnet. Ich werde mit Frühstück beliefert und liebevoll umsorgt – wenn auch nicht ganz ohne Häme.
Nach Frühstück, Wildpark-Spaziergang und viel Wasser fühle ich mich dann aber auch wieder reisetauglich.
Fußballschule und Immenhof
Dröppel rollt also wieder los. Zunächst mal einen Runde durch Malente, denn natürlich wollen wir zumindest einmal an der berühmt-berüchtigten Fußballschule vorbei. “Uwe Seeler Fußball Park” steht heute auf den Schildern, hier wo WM-Siege vorbereitet wurden, der “Geist von Malente” Mannschaften zusammenwachsen ließ und von wo auch die eher grenzwertige EM-Tratsch-Sendung der ARD in diesem Jahr gesendet wurde, inklusive Bettlaken-Geist.
Und dann ist da noch Gut Rothensande. Der Immenhof. Also der Ort, an dem die Immenhof-Filme gedreht wurden. Kindheitserinnerungen. Als ich die kitschigen Heimatfilme mit den Ponys als Kind mit meiner Mutter sah, waren sie natürlich schon alt. Und auch meine Mutter hat sie nicht in der Erstausstrahlung gesehen. Der Gutshof steht nach wie vor, ist aber nicht öffentlich zugänglich. Von der Straße aus ist das weiße Haupthaus aber zu erkennen. Und Baukräne. Hier soll ein Hotel entstehen. Ich werde vom Fahrersitz aus komisch angeguckt, als ich spontan beginne zu singen. “Trippel trappel, trippel trappel Pony… was denn?”
Liebes Hamburg, wir müssen reden…
Vor uns liegen 230 Kilometer bis zu unserem Ziel, das ist eine ungewöhnlich lange Etappe für uns, und sie führt uns nicht einmal auf direktem Weg in Richtung Ruhrgebiet. Sie führt uns noch einmal in meine Kindheitserinnerungen. Aber zunächst mal müssen wir irgendwo tanken. Doof nur, dass wir gerade durch Hamburg fahren.
Durch die Heide
Weiter geht es durch die Lüneburger Heide. Kilometer um Kilometer rollt der Bulli durch die weite flache Landschaft, hin und wieder kommen wir durch einen Ort, selten kommen uns andere Autos entgegen.
Unterwegs beginnt es plötzlich wie aus Kübeln zu schütteln. Auf einem leicht abfallenden Fahrradweg neben einem Friedhof kommt uns eine kleine Flutwelle entgegengeschoßen. Wir sehen zu, dass wir die leichte Steigung hinter uns bringen und freuen uns, im trockenen Bulli zu sitzen. Diese Reise hat uns zumindest bewiesen, dass Dröppel dicht ist.
Lachendorf? Haha!
Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichen wir Lachendorf. Das ist für die allermeisten Menschen wahrscheinlich eher bedingt sehenswert, für mich ist es aber der Ort, an dem ich als Kind meine Ferien im riesigen Garten der Uroma verbracht habe. Ich war seit vielen Jahren nicht mehr hier, denn eigentlich gibt es dazu wenig Anlass.
Manche Ecken kommen mir bekannt vor, anderes hat sich bis zur Unkenntlichkeit verändert. 6000 Menschen und eine Papierfabrik. Die Papierproduktion prägt Lachendorf seit dem 16. Jahrhundert. Und auch meine Erinnerungen – neben frischem Gemüse aus dem Garten mangelte es bei meiner Uroma niemals an Papier zum Malen und Basteln.
Björn wundert sich, dass ich so schnell fertig bin mit dem Dorf, aber wirklich, es gibt hier nicht viel zu sehen. Die meisten Orte meiner Kindheit gibt es so nicht mehr. Trotzdem ist es schön, nochmal hier gewesen zu sein.
Zu den Straußen
Für dich Nacht haben wir uns einen Landvergnügen-Hof etwa 30 Kilometer entfernt ausgesucht. In Otze.
Wir kommen am frühen Abend auf dem Erlebnishof Lahmann an und sollen uns im Restaurant melden. Der Parkplatz, auf dem wir stehen dürfen, ist wegen einer Veranstaltung ziemlich voll, aber wir finden ein Plätzchen und essen erstmal auf der Terrasse des Restaurants.
Dann beobachten wir ein wenig die Strauße, deren Reich direkt neben dem Parkplatz beginnt. Landvergnügen hat uns also einmal mehr interessante Nachbarn für eine Nacht beschert.
Auf einem kleinen Erkundungsspaziergang durch das Dorf entdecken wir die alte Gerichtsstätte im Ortskern, wo im Mittelalter kleinere Vergehen verhandelt wurden. Außerdem eine mittelalterliche Kapelle mit hölzernem Glockenturm. Eine Feuerwache aus den 20er Jahren, die ich irgendwie niedlich finde.
Mit einem Bier vom Kiosk verziehen wir uns regenbedingt wieder in den Bulli und machen uns Gedanken über den Ortsnamen. Auf dem Erlebnishof kann man unter anderem auch SwinGolf spielen, was auf großen Schildern beworben wird, die die etwas ungünstig gewählte Aufschrift “SwinGolf Otze” tragen. Uns fallen jede Menge weitere Worte ein, die “otze” enthalten, und die wenigsten davon wecken positive Assoziationen… Der Ortsname soll übrigens von “Otto” abgeleitet sein.
Im Regen stehen
Bei unserer Ankunft war uns versprochen worden, die Toiletten neben dem Restaurant würden über Nacht für uns geöffnet bleiben. Offenbar wurde versäumt, dass der Person mitzuteilen, die die Türen abgeschlossen hat. So stehe ich spätabends im Regen davor und zweifle an meiner Fähigkeit, Türen zu öffnen.
Ich wäre jetzt gerne zuhausen. Oder irgendwo anders.
Übernachtung
Mit Landvergnügen auf dem Erlebnishof Lahmann. Auf einem Schotterparkplatz bei den Straußen. Begeistert war ich nicht.
15 Tage unterwegs mit Dröppel - unsere Bulli-Reise nach Dänemark in Zahlen - unterwegs mit dröppel
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