Museen sind langweilig? Von wegen!
Hjerl Hede ist eines von zahlreichen Freilichtmuseen in Dänemark. Hier gibt es dänische Geschichte zu Anfassen und ausprobieren.
Wenn ich als Geschichtsstudentin ein Museum toll finde, bleiben die Menschen meistens skeptisch. Das kann ich verstehen. Aber Hjerl Hede wurde auch von meinem liebsten Mitreisenden für spannend befunden.
Hjerl Hede zeigt das ländliche Jütland der Vergangenheit, so lebendig wie es eben möglich ist.
Bei unserem Besuch haben wir einen sonnigen und größtenteils trockenen Tag erwischt. Für 240 Kronen kommen wir zu zweit ins Museum. Studierendenpreis – mein einen Monat zuvor abgelaufener Internationaler Studierendenausweis wird anstandslos anerkannt. Natürlich hätte ich auch einen gültigen von der Uni gehabt, aber dessen Gültigkeit ist eher nur für Eingeweihte erkennbar.
Wir schlendern über die Pfade und entdecken ein altes Gebäude nach den anderen. Mehr als 50 davon gibt es hier auf einem insgesamt 1200 Hektar großen Gelände. Bauernhöfe, Handwerkerhäuser, ein Kaufmannsladen, Kirche und Schule…
An jedem Gebäude informieren Tafeln in dänischer, englischer und deutscher Sprache darüber, wann das Haus wo zu welchem Zweck gebaut wurde. Das liest sich gelegentlich etwas holperig, aber die detailreiche Ausstattung und die Menschen, die darin und darum herum das Museum beleben.
“Sommerverlebendigung”
Richtig interessant wird das Museum dadurch, dass es in der Hauptsaison von Ende Juni bis Anfang August belebt ist. Bei dieser “Sommerverlebendigung” (so die irgendwie putzige Übersetzung des Museums) bevölkern tagsüber zahlreiche Freiwillige das Museum in passenden Kostümen und bieten lebendige Einblicke in das Leben in einem jüttländischen Dorf “damals”.
Hjerl Hede war Vorreiter der Vermittlungsform – bereits seit 1932 gibt es hier Living History.
In den Werkstätten wird gearbeitet, in der Bäckerei gebacken, in den Küchen der Höfe wird gekocht. Die fleißigen Freiwilligen erzälen einem dabei gerne, was sie da eigentlich tun. Mein Dänisch reicht nicht aus, um mir alte Handwerkstechniken erklären zu lassen, aber sobald die Handwerker das bemerken, reden sie englisch oder sogar deutsch.
Man kann die alten Traditionen berühren, sehen, riechen und schmecken. Auf der Reeperbahn beispielsweise dürfen einige Kinder mithelfen, Seile zu machen.
In den Küchen halten die Köchinnen kleine Probierhäppchen bereit. Im Pfarrhof werden zum Beispiel gerade Nudeln für den “Herrn Pfarrer” vorbereitet, die wir probieren dürfen.
Nicht nur Menschen, auch zahlreiche Tiere “verlebendigen” das Museum. Kühe grasen auf einer Wiese, Gänse watscheln schnatternd über die Wege, Fjordpferde ziehen den Verkauswagen der Bäckerei durchs Dorf und Schafe liegen in der Sonne.
Besonders amüsieren uns die Ziegen, die fröhlich in der Sonne herumhüpfen und sich gegenseitig den besten Sonnenplatz auf einem Baumstumpf streitig zu machen versuchen.
Picknick, Hochräder und Gummistiefelweitwurf
Nach einigen Kilometern über Kopfsteinpflaster und Feldwege wird es Zeit für eine Pause. Wir suchen uns einen Tisch im überdachten Picknick-Bereich, von wo aus man einen guten Blick auf die Hochräder hat, die hier auf einer Sandfläche von mutigen Besuchern ausprobiert werden. Das macht den Radfahrenden wie den Zuschauenden Spaß, denn es sieht auf den ersten Meter sehr wackelig aus und endet meistens eher unsanft.
Hier gibt es auch ein Restaurant und einen Spielplatz mit ungewöhnlichen Spielen. Schonmal Gummistiefelweitwurf ausprobiert?
Weiter geht es, dann wir haben noch lange nicht alles gesehen.
Hjerl Hede bietet auch spannende Einblicke in die Wohnverhältnisse im Jütland der Vergangenheit. Wir bewundern reich gedeckte Tische und karge Küchen.
Und natürlich braucht ein Dorf auch eine Kirche. Unscheinbar weiß steht sie auf einem Hügel, aber im Innenraum hat man die ursprünglichen Farben der Ausmalung zu rekonstruieren versucht. In kräftigen Farben erstrahlen Muster und biblische Szenen.
Etwas befremdlich finde ich dann aber die Steinzeitsiedlung. Hinter einem Zaun präsentieren hier weitere Freiwillige das Leben vor 4000 Jahren. Zwar ist der praktische Grund für den Zaun klar, aber merkwürdig finde ich es dennoch. Interessant ist es aber allemal.
Lohnt sich ein Besuch in Hjerl Hede?
Am Ende unseres Besuches haben wir einige Kilometer zurückgelegt und unendlich viele Eindrücke gesammelt.
Hat sich der Eintritt von immerhin 16 € pro Person also gelohnt? Auf jeden Fall! Wir hatten einen tollen Tag, es gab wahnsinnig viel zu sehen, schmecken, hören, ausprobieren, erleben, entdecken…
Wenn du also mal in der Gegend sein solltest, kann ich dir einen Besuch in Hjerl Hede nur empfehlen.
Hjerl Hede
Hjerlhedevej 14, 7830 Vinderup, Dänemark
Eintritt: 150 DKK (120 für Rentner und Studierende) in der Hauptsaison, Nebensaison 70 (55) DKK,
Kinder bis 18 Jahren kostenlos.
Hunde müssen an der Leine geführt werden.
Öffnungszeiten je nach Jahreszeit, Details hier.
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