Von außen ist der Bulli wieder chic ist, jetzt soll auch die Klappsitzbank neue Polster und Bezüge erhalten.
Nach der Rostsanierung, die leider etwas länger gedauert hat als erwartet, ist jetzt der Campingausbau dran und wird aufgehübscht. Als erstes war das Bett im Aufstelldach dran, weil sich das komplett zuhause vorbereiten ließ.
Viel wichtiger ist aber natürlich die Klappsitzbank, auf der wir normalerweise schlafen. Der Bezug wurde schonmal erneuert, aber das rote Velours ist mittlerweile abgewetzt und verblichen. An einigen Ecken ist von dem dunklen Rot nur noch ein zartes rosa geblieben.
Und wenn wir schonmal dabei sind, soll auch gleich der Schaumstoff darunter ausgetauscht werden. Unbequem war es im Bulli bisher nicht, aber in Sachen Komfort ist da schon noch Luft nach oben. Zuhause gönnen wir uns ja schließlich auch ordentliche Matratzen, warum sollten wir da ausgerechnet auf Reisen mit altem Schaumstoff vorlieb nehmen?
Die Vorbereitung
Messen, rechierchieren und planen war angesagt. Bevor es in die Werkstatt ging, haben wir also die einzelnen Teile genau vermessen und kamen bei unserer Bank auf folgende Maße:
Sitzfläche 147 x 49 x 7 cm
Rückenlehne 147 x 44 x 7 cm
Motorraum 116,5 x 87,5 x 10 cm
Die Bezüge sind dabei auf der Rückseite der Holzplatten festgetackert, was einen Austausch einfach macht – dachten wir… aber dazu später mehr.
Der Schaumstoff
Was wir schnell herausfinden: Es gibt online zahllose Anbieter von Schaumstoff-Zuschnitten. Und zahllose Varianten von Schaumstoffen. Was brauchen wir? PUR? Kaltschaum? Stauchhärte? Raumgewicht? Was?
Da wir auf der Klappsitzbank normalerweise schlafen, entscheiden wir uns schließlich für einen Kaltschaum mit den Werten 45/50 – empfohlen für Schlafmatratzen bis 110 kg.
Das Raumgewicht gibt an wieviel Kilogramm ein Kubikmeter Schaumstoff wiegt, verrät also, wie dicht das Material ist. 45 bedeutet also, dass ein Kubikmeter Schaumstoff 45 Kilo wiegt. Je höher der Wert, desto hochwertiger. Die Stauchhärte gibt an, bei welcher Belastung sich der Schaumstoff um 40% zusammendrücken lässt. 50 bedeutet also, dass der Schaumstoff bei einem Druck von 5,0 Kilopascal um 40% gestaucht ist. Schaumstoff mit diesen Werten wird für Schlafmatratzen bis 110 kg empfohlen.
Nach ausgiebigen Vergleichen diverser Online-Shops entscheiden wir uns, bei schaumstofflager.de zu bestellen, wie auch den Schaumstoff für das Bett im Aufstelldach. Über die Bestellung und Lieferung habe ich hier schon mehr geschrieben.
Für die drei Schaumstoffteile bezahlen wir insgesamt 101,81€
Der Bezug
Eines schönen Nachmittags machten wir uns auf den Weg in ein großes Stoffgeschäft irgendwo im Ruhrgebiet. Stöbern durch zahhlose Ballen mit Bezugsstoffen. Diskutieren, welche Farben und Muster in Frage kommen. Lassen uns auch ein wenig beraten. Von den vorgelegten Musterbüchern nehmen wir aus finanziellen Gründen schnell Abstand. Stöbern weiter.
Gerade als wir nach einer winzigen Beziehungskrise entschieden haben, uns zunächst mit Stoff für einen anderen zweck zu befassen, springt uns aus einem Ständer mit der Aufschrift “reduziert” ein Ballen Stoff an. Grasgrüner Bezugsstoff aus Velours. Wir gucken uns an und nicken. Gucken auf den Preis und lachen. Es handelt sich um ein Reststück für 3,95€ pro Meter. “Wir brauchen 4 Meter, reicht das noch?” frage ich die Verkäuferin. Sie misst nach – 5,5 Meter sind noch da. Sie gibt uns den kompletten Ballen und schreibt den Preis für 4 Meter auf den Zettel. Volltreffer.
Wir kaufen noch drei Meter Volumenvlies dazu und erfreuen uns an dem relativ geringen Betrag von 20,30€ den wir für alles zusammen bezahlen.
Das alte Zeug muss runter
Als der Bulli dann endlich wieder zurück aus der Werkstatt ist, kann es losgehen. Rückenlehne und Sitzfläche auszubauen stellt sich als etwas fisselig heraus, weil die zu lösenden Schrauben nicht alle unbedingt gut zu erreichen sind.
Mit Schraubenzieher und Zange mache ich mich anschließend an die Arbeit und ziehe Tackerklammer für Tackerklammer aus Stoff und Holz. Schnell wird dabei klar: unter dem roten Stoff verbergen sich noch zwei weitere Schichten, mit zunehmender Klammerdichte befestigt. Zum Glück hilft mir Björns 14-jährige Nichte fleißig. Wir ziehen hunderte Tackerklammern aus dem Holz und fördern einen interessanten Überblick über die Bezugsstoffmoden der letzten Jahrzehnte zu Tage.
Irgendwann ist es dann endlich geschafft und der leicht bröselige braune Schaumstoff kommt zum Vorschein. Weg damit!
Klappsitzbank polstern und beziehen
So haben wir es gemacht – Schritt für Schritt.
Material:
- passend zugeschnittener Schaumstoff
- Sprühkleber
- Volumenvlies
- Bezugsstoff
- Tacker
- Tackerklammern
Schaumstoff fixieren
Wir halten uns an die Anleitung auf der Sprühkleber-Dose. Sorgen also dafür, dass beide Teile sauber und trocken sind und legen los. Oberseite der Holzplatte und Unterseite des Schaumstoffs (haha – also, die besprühte Seite des Schaumstoffs wird später die Unterseite…) dünn mit dem Kleber besprühen und anschließend ein paar Minuten warten.
Schaumstoff dann nochmal dünn besprühen und die beiden Kleber-Seiten aufeinander legen. Etwa eine Minute lang fest anpressen. Dabei behelfen wir uns mit dem anderen Brett der Klappsitzbank um auf der kompletten Fläche andrücken zu können. In den anschließenden 30 Minuten Wartezeit fummeln wir noch an ein paar Kleinigkeiten am Bulli rum. Danach hält der Schaumstoff gut auf der Holzplatte, so dass nichts mehr verrutschen kann.
Vlies befestigen
Der sogenannte Volumenvlies dient unter anderem dazu, Stoff und Schaumstoff voreinander zu schützen. So soll beides länger halten und sich nicht gegenseitig aufschubbern.
Wir haben den Vlies so zugeschnitten, dass er an den langen Seiten an der Unterseite der Holzplatte befestigt werden konnte und an der kurzen Seiteein paar Zentimeter über die Kanten des Schaumstoffs reichte. Ordentlich auflegen, Platte umdrehen und entlang der langen Seiten jeweils mit ein paar Tackerklammern befestigen.
Bezug befestigen
Wir schneiden erstmal den Stoff zu, auf ca. 1×2 Meter und legen ihn schön glatt mit der Oberseite nach unten auf unseren Arbeitstisch. Die Rückenlehne wird mit dem Schaumstoff nach unten darauf ausgerichtet, dann kann es losgehen.
Wir beginnen in der Mitte einer der langen Seiten, Stoff noch einmal schön grade ziehen und mit den ersten Tackerklammern ein paar Zentimeter vom Rand entfernt fixieren, dann den Stoff schön stramm ziehen und auf der gegenüberliegenden Seite in der Mitte festtackern. Das gleiche Spiel mit den kurzen Seiten, dann jeweils von der Mitte in Richtung der Ecken tackern. Im Abstand von 1-2 cm Klammern setzen.
Die Ecken sind etwas tricky, wir probieren lange rum, wie man den Stoff am besten einschlagen kann – bei dem relativ dicken Bezugstoff gar nicht so einfach. Schließlich beschließen wir, ihn einmal einzuschlagen, so dass die Falte direkt auf der Ecke liegt, mit der Öffnung zur kurzen Seite. So sieht man die Falte später zumindest nicht von vorne. An der Ecke gründlich festtackern.
Ach ja: die Löcher für die Befestigung der Klappsitzbank freilassen. Durch den Stoff schrauben klappt eher nicht so gut…
Zum Schluß gegebenenfalls noch die Stoffränder kürzen – aber nicht zu nah an den Klammern.
Fertig.
Klappsitzbank wieder einbauen
Wenn die breite Klappsitzbank auf den Kleiderschrank im Heck trifft, wird es hier wieder etwas fummelig, denn die Bankteile lassen sich dann auf der linken Seite am besten im halbgeklappten Zustand wieder festschrauben, der Spalt zwischen Rückenlehne und Schrank ist sonst sehr eng. Ich darf also festhalten, während Björn mit den Schrauben kämpft.
Aber irgendwann sind alle wieder an Ort und Stelle. Die Bank lässte sich besser klappen als jemals zuvor, denn wir haben die Gelegenheit genutzt, die Scharniere zu ölen.
Der Tacker
Ich muss noch ein paar Worte zum Tacker loswerden.
Wir haben mit einem Handtacker gearbeitet. Die meiste Zeit sogar mit zwei Handtackern. Das kann man machen, es wird aber ordentlich anstrengend mit der Zeit. Ich kann für solche Arbeiten wirklich Elektrotacker empfehlen.
Warum wir dann keinen benutzt haben? Naja, wir wollten ja.
Ausleihen im Familien- oder Freundeskreis scheiterte am nicht vorhandenen Elektrotacker-Bestand in diesen Kreisen. Der Kauf im nächstbesten Baumarkt an den Preisen. Die Benutzung des auf dem Trödelmarkt erstandenen Elektrotackers scheiterte an der spontanen Selbstzerstörung des Gerätes beim Ausprobieren. Eine Online-Bestellung an unserer eher suboptimalen Zeitplanung. Der Bulli war halt auf einmal fertig und dann war irgendwie schon Wochenende und wir hatten nicht gedacht, dass wir so schnell so weit sein würden, einen Tacker zu brauchen.
Natürlich wollten wir nur ungerne mit den nächsten Schritten warten – gewartet haben wir ja nun wirklich schon lange genug. Also haben wir erstmal mit dem losgelegt, was da war. Mit zwei Handtackern. Das ging anfangs ganz gut und als es anstrengend wurde, hatte uns bereits ein gewisser Ehrgeiz gepackt. Wir wollten das durchziehen. Kann man wie gesagt machen, aber mit einem funktionierenden Elektrotacker wäre es sicher komfortabler gewesen.
Das Ergebnis
Als endlich alles wieder an Ort und Stelle sitzt sind wir erleichtert. Und zufrieden.
Das Ergebnis sieht in etwa aus wie geplant, aber noch ist ja nicht alles fertig…
Mira Darnow
Ich habe auch einen Stuhl selbst gepolstert und die Sitzfläche mit Schaumstoff versehen. Bin sehr stolz auf das Ergebnis. Zum Glück stand mir ein Elektrotacker zur Verfügung.
Kaddy
Der Elektrotacker macht’s wirklich komfortabler…
helga
Tolle Ideen zum Polstern! Danke! Wir haben aber unser Sofa, das Erbe vom Opa, den fachlichen Händen anvertraut http://www.pelz-antik.de/hannover Das Leder wurde erneuert, sowie auch Arme. Den Nachbarn zuliebe ist alles perfekt gelungen! Danke!
Charlott Amsberg
Boah, habe gerade die super ausführliche Anleitung zum erneuern des Polsters entdeckt und eine online Adresse mit dazu, bin begeistert, weil unsere wirklich total runter ist und vor dem nächsten Urlaub ausgetauscht werden muss…..Danke!!!!!
Erst dachte ich, da steht mein Bussle, weil unserer genau die gleiche Farbe hat, nur haben wir ein festes, weißes Hochdach…..
Kaddy
Hallo Charlotte, freut mich, wenn dir unsere Erfahrungen weiterhelfen. 🙂 Ich hab mir lange Informationen zusammen gesucht, bevor ich mich endlich getraut habe – und im Nachhinein kann ich nur sagen: das ist echt machbar.
Rot mit weißem Dach steht so einem Bus einfach gut, egal mit welcher Dachvariante 😉